Unterwegs im Hohe Tauern Nationalpark
Die ersten Sonnenstrahlen fallen ins Tal am Schlatenkees, einem Gletscher der Venedigergruppe mitten im Nationalpark Hohe Tauern. Ich gehe auf einem schmalen Wanderweg Stufe um Stufe nach oben. Das erste Ziel, nach circa 600 Höhenmetern, ist eine Messstation. Vor mir geht in völliger Entspanntheit Nationalpark Ranger Emanuel. Er sagt, dass dies einer seiner Lieblingsarbeitstage ist, draußen in der Natur. Hier tankt er Kraft für seinen Job und natürlich für sich und sein Leben.

Als wir auf dem serpentinen-artigen Weg um eine Ecke biegen, sehe ich, wie das sanfte Herbstlicht die Landschaft in ein goldenes Farbenmeer verwandelt. Die Tautropfen auf den Blättern blinken und blitzen im Sonnenlicht. Emanuel blickt durch sein Fernglas und hält Ausschau nach Bartgeiern, Steinadlern, Steinböcken und Gämsen. Immer wieder stoppt Emanuel, da er Preiselbeeren und Heidelbeeren am Wegesrand entdeckt und genüsslich isst. Hier und da macht er Fotos, um Veränderungen der Natur zu dokumentieren.





"Ich brauche meine gewissen Ausgleichsmomente für meine Zufriedenheit, in denen ich zu mir kommen darf und mir selber die Zeit gönne, Kraft zu tanken. Mein Glücksmoment ist der, der mir die Kraft gibt, mit sehr wenig zufrieden zu sein. Der Brennstoff der mich antreibt, um zufriedener durch gewisse Phasen durchzukommen." Diese gewissen Phasen sind für ihn zum Beispiel mehrere Arbeitstage nur im Büro.


An der Messstation angekommen überprüft Emanuel eine Fotofalle. "Dies muss alle 14 Tage gemacht werden." Anschließend gehen wir weiter zum Gletscher. Der Schlatenkees hat, wie die meisten Gletscher in der Region, große Teile seines Eises verloren. Emanuel zeigt mir, wo das Eis noch vor 40 Jahren, vor 20 Jahren, vor 5 Jahren und vor einem Jahr war. Die exponentielle Abnahme der Eismasse in Relation zur kürzeren Zeitspanne ist für mich sehr beeindruckend und erschreckend zugleich. Ich stehe an einem Ort, der noch vor wenigen Jahren mit meterhohem Eis bedeckt war.


Für mich ist die Wanderung mit Emanuel eine sehr große Freude. Die sich ständig verändernde Landschaft wirkt auf mich extrem inspirierend und ich fühle mich glücklich, hier und jetzt an diesem Ort sein zu dürfen. Zudem bringt mich der Gefühlszustand in den Flow mit der Kamera und ich genieße es, mich kreativ ausleben zu dürfen, so dass ich die Anstrengung der Wanderung überhaupt nicht wahrnehme. Dieses Glücksgefühl kann ich in die folgenden Tage mitnehmen und bin mit mir und der Welt im Reinen.
